Leitbild des Österreichischen Instituts für Erwachsenenbildung
Präambel
Lernen ist heute zur Bewältigung vielfältiger Herausforderungen in unterschiedlichen Lebensbereichen unabdingbarer als je zuvor: Der Strukturwandel hin zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft, die Globalisierung der Arbeitsmärkte und damit verbundene Migrationsbewegungen, der demografische Wandel sowie zunehmende soziale Differenzierung stellen beispielhaft Eckpunkte gegenwärtiger gesellschaftlicher Entwicklung dar. Der Mensch ist für die Gestaltung seiner Biografie in hohem Maße selbst verantwortlich. Er braucht jedoch individuelle Grundlagen, um diesem je eigenen Gestaltungsanspruch gerecht zu werden und zu einem befriedigenden Leben zu kommen. Die Aneignung von Qualifikationen, Kompetenzen und Bildung durch die Individuen ist die konsequente Strategie, um den Herausforderungen, die aus gesellschaftlicher Modernisierung und Strukturwandel resultieren, gerecht zu werden.
Erwachsenenbildung stellt dem Menschen einen Raum zu seiner individuellen Weiterentwicklung zur Verfügung – beruflich, privat, als BürgerIn – für und in allen Lebensbereichen. Mit den gesellschaftlichen Herausforderungen wandeln sich aber die zugrunde liegenden Konzepte des Lernens. Es ist notwendig, den Diskurs über diese Konzepte zu führen und zeitgemäße Inhalte, Methoden, Strukturen und Modelle der Erwachsenenbildung zu entwickeln, welche den Bedürfnissen der Menschen entsprechen.
Zeitgemäßer Erwachsenenbildung liegt ein umfassender und individualisierter Lernbegriff zugrunde. Diese geht weit über Kursangebote hinaus und umfasst Beratung von Lernenden ebenso wie den Einbezug informellen Lernens und den Anspruch, Bildung möglichst nahe zu den Menschen zu bringen. Die Bedachtnahme auf die Bedürfnisse von Zielgruppen ist dabei von großer Bedeutung für den Erfolg bildungspolitischer Maßnahmen.
Hintergrund des Österreichischen Institutes für Erwachsenenbildung
Das Österreichische Institut für Erwachsenenbildung (oieb) ist eine österreichweit agierende Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungseinrichtung zu Fragen der Erwachsenenbildung mit Sitz in St. Pölten und einer Geschäftsstelle in Wien.
Das oieb wird
- vom Ring Österreichischer Bildungswerke und
- vom Forum Katholischer Erwachsenenbildung in Österreich
getragen.
Mit ihrem verzweigten Netz von mehr als 5.000 Bildungseinrichtungen tragen diese Verbände zur flächendeckenden Versorgung v.a. des ländlichen Raumes mit Bildung bei. Ihren besonderen Schwerpunkt haben die Verbände im Bereich allgemeiner Erwachsenenbildung. Ein wichtiges Merkmal ist die häufig auf ehrenamtliches Engagement gegründete Arbeitsweise und die Gemeinwesenorientierung der Einrichtungen. Mündigkeit des Menschen und seine schöpferische Entfaltung, Solidarität und Bürgerschaftlichkeit stellen weltanschauliche Grundpfeiler dar, auf denen die Arbeit der Träger aufbaut.
Was sind unsere Aufgaben?
Kompetente Erwachsenenbildung braucht Grundlagen, auf denen sie aufbauen kann. Das oieb trägt zur Entwicklung dieser Grundlagen bei: Wir untersuchen, welche Unterstützungen – inhaltlicher, didaktischer und institutioneller Art – Menschen brauchen, um sinnvoll zu lernen und ihre Kompetenzen zu erweitern. Unsere Arbeit findet in die andragogische Praxis Eingang und trägt zur Sicherung der Qualität der Angebote bei. Zugleich sind wir ein Ort, an dem Bildungsdebatten geführt werden. Das oieb versteht sich als Nahtstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. Wir forschen nicht über sondern mit Einrichtungen und Personen der Erwachsenenbildung.
Was sind unsere Produkte?
- Konzepte, Instrumente und Methoden für praxisgerechte Erwachsenenbildung
- Studien und Forschungsprojekte im Bereich des Lebenslangen Lernens
- Konzeption und Organisation von Fach-Tagungen, Workshops und Seminaren zu Themen der Erwachsenenbildung
- Beratung von Institutionen und MitarbeiterInnen der Erwachsenenbildung
- Evaluierungen von Projekten und Angeboten
- Arbeitskreise zu relevanten Fragen der Erwachsenenbildung
- Informationsangebote wie Newsletter, Website
- Publikations- und Vortragstätigkeit
- Aufgreifen gesellschaftspolitischer Diskurse und Diskussionen zu Bildung
- Vernetzungstätigkeit unterschiedlicher Bereiche rund um die Erwachsenenbildung
An wen richten wir uns?
Folgende Gruppen möchten wir mit unserer Arbeit erreichen:
- Personen, die in der Erwachsenenbildung tätig sind, im speziellen aus dem Bereich unserer Träger
- Verantwortliche aus dem Bereich der öffentlichen Hand, NGOs und Wirtschaftsunternehmen, die mit Fragen des Lebenslangen Lernens befasst sind.
- WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Bildungsforschung
- Personen, die an Fragen der Erwachsenenbildung interessiert sind
Was sind unsere Leitvorstellungen und Werte?
Erwachsenenbildung trägt zur Aufklärung und Mündigkeit des Menschen bei und kann ein Beitrag zu erfüllender Lebensführung sein. Wir liefern zeitgemäße Grundlagen, die Menschen befähigen, selbstbestimmt zu leben und die Herausforderungen des Alltags anzunehmen.
Wir sind von der Sinnhaftigkeit eines umfassenden Lernbegriffs überzeugt. Dieser impliziert eine Kultur des selbstgesteuerten Lernens. Effizientes Lernen findet in vielfältigen Zusammenhängen und an vielfältigen Orten statt. Die Aktivierung des Menschen für Formen der Beteiligung, der Interaktion und Kommunikation eröffnet Chancen informellen Lernens. Diesen Prämissen entsprechend suchen wir nach modernen Formen der Umsetzung, welche den schöpferischen und sozialen Möglichkeiten des Menschen Rechnung tragen.
Sicherung der Qualität, der Anwendbarkeit und der Nachhaltigkeit unserer Arbeit hat hohe Priorität. Wir orientieren uns in den Fragestellungen an angewandten Problemen der Bildungsarbeit und legen umgekehrt Wert auf die Umsetzung unserer Ergebnisse in die tägliche Praxis der Erwachsenenbildung. Produkte unserer Arbeit zeichnen sich durch Kompetenz und Praxisnähe aus. Sie sind am „state of the art“ der internationalen Entwicklung orientiert.
Dem Wirkungsbereich und den Inhalten unserer Träger entsprechend sind es einige Zugänge, denen unser besonderes Interesse gilt:
- Allgemeine Erwachsenenbildung
Generell geht es im Sinne eines ganzheitlich geprägten Menschenbildes um den Zugang des Menschen zu seinem Menschsein, um die Ausschöpfung kreativer Potentiale und die Stärkung der Kompetenzen als BürgerIn. Mit der Reflexion gesellschaftlicher Veränderung und von Umbrüchen hat allgemeine Erwachsenenbildung darüber hinaus einen gesellschaftspolitischen Auftrag. -
Regionalisierung von Lernprozessen
Das Lernen den Lernenden räumlich näher bringen, entsprechende Angebotsstrukturen in den Regionen und Gemeinden zu verankern, stellt eine zentrale Strategie zur Steigerung von Bildungsbeteiligung dar. -
Inklusion
Bildung ist ein Menschenrecht, insofern muss die Teilhabe und der Zugang benachteiligter bzw. bildungsferner Zielgruppen, wie es Personen mit niedrigen Schulabschlüssen, MigrantInnen oder behinderte Menschen sind, hohe Priorität genießen.
Welche Unternehmenskultur leben wir?
Das oieb will freudvoller Diskursort zur Erwachsenenbildung und zum Lebenslangen Lernen sein. Forschung kann anregen und Interesse wecken.
Wir leben die Wissensgesellschaft: Unsere MitarbeiterInnen sind kommunikativ, gewohnt zu gestalten und eigenverantwortlich zu handeln.
Wir arbeiten auftrags- bzw. projektorientiert und haben damit klare Maßstäbe der Qualitätskontrolle. Als schlankes und dynamisches Institut mit klarem Erscheinungsbild sind wir in der Lage flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.
Das oieb soll weiterhin von EB-MitarbeiterInnen, Bildungsinstitutionen, Auftraggebern, Kooperationspartnern sowie der Forschungsszene, der Bildungspolitik und -verwaltung als kompetentes und verlässliches Institut gekannt, geschätzt und gesucht werden.
Erarbeitet vom Vorstand und Team des oieb und beschlossen von der Generalversammlung des oieb am 6. Juni 2008.